Wir gehen wie selbstverständlich davon aus, dass unsere Sinneswahrnehmungen über getrennte, unabhängige Kanäle einlaufen und verarbeitet werden. Doch dem ist nicht so: Beispielsweise kann das Hören das Schmecken beeinflussen, und das erst recht, wenn es sich bei der Audiokulisse um Musik handelt, wie Adrian North von der Heriot-Watt University im schottischen Edinburgh berichtet.
Der Psychologe testete die Geschmacksempfindungen von 250 Studenten, als sie entweder einen roten Wein (Cabernet) oder einen weißen (Chardonnay) verkosteten. Jeweils 25 der Probanden probierten die Weine entweder ohne Hintergrundgeräusch oder mussten sich dabei von unterschiedlicher Musik berieseln lassen. Die vier gebotenen Stücke waren in einem Vorversuch von anderen Probanden als ,,mächtig und schwer“ eingeschätzt worden, als ,,subtil und raffiniert“, als ,,schwungvoll und erfrischend“ und als ,,milde und sanft“. Fünf Minuten durften die Teilnehmer ihre Weine testen; dann wurden sie gefragt, ob sie ihren Cabernet oder Chardonnay als mächtig und schwer, subtil und raffiniert, schwungvoll und erfrischend oder milde und sanft einschätzten. Ergebnis: Das Urteil der meisten Probanden wurde von der Musik bestimmt, Sie maßen demselben Wein die Eigenschaften der jeweils gehörten Musik zu. Wer beispielsweise die Carmina Burana auf den Ohren hatte, beurteilte seinen Wein als mächtig und schwer. ,,Die Musik ließ den Wein unterschiedlich schmecken“, präzisiert North, ,,sie ließ ihn aber nicht besser schmecken?
In früheren Versuchen hatte der Wissenschaftler bereits entdeckt, dass Menschen etwa vorzugsweise französischen Wein kaufen, wenn französische Musik im Hintergrund läuft.
Psychologie Heute 02/2012
Adrian North: The effect of background music on the taste of wine. British Journal of Psychology. Early Online, DOI: lO.l1li/i.2044—8Z95.20li.O2072.
KWS-Fazit: Ich hoffe es dauert nicht mehr lange, bis der Synegie-Effekt der Sinne von Jedem erkannt worden ist.